Britische Blechbläser begeistern

Amersham Band und KKMV Fehlheim trafen sich im Parktheater

Bergsträßer Anzeiger vom 05.09.2022

Bensheim. Der Termin hat Tradition: Zum Winzerfest ist ein Besuch der Amersham Band aus der englischen Partnerstadt im Grunde Pflicht. Doch das letzte Konzert in Bensheim fand im Jahr 2018 statt – aus bekannten Gründen war seither kein Gastspiel mehr möglich. Jetzt hat der Freundeskreis Bensheim – Amersham erneut dafür gesorgt, dass am Vorabend der Winzerfesteröffnung ein großer Auftritt im Parktheater stattfinden konnte. 

Die Amersham Band (unser Bild) mit derFormation Concert Brass und der KKMV Fehlheim gestalteten am Freitag einen gemeinsamen musikalischen Abend im Parktheater (Foto: Thomas Zelinger).

Eine kleine Hörprobe:

Für viele eine Bensheim-Premiere

Viele Bandmitglieder sind in diesem Jahr zum ersten Mal in Bensheim, wie Musical Director Paul Fisher betonte, der die vielseitige Band-Familie seit 2009 begleitet. Im Parktheater spielte am Freitagabend die Formation Concert Brass, die normalerweise von Malcolm Peach geleitet wird. Fisher dirigiert auch die Championship-Level-Band, die derzeit erfolgreichste Gruppe unter dem Label „Amersham Band“. Ebenfalls in Bensheim mit dabei war Ash Horton, der Musikalische Kopf der Amersham Community Band. Viele Facetten, ein gemeinsamer Anspruch: technische Klasse, feines Ensemblespiel und chronische Spielfreude. Die Formation, deren Wurzeln bis ins Jahr 1845 zurückreichen, servierte ein kurzweiliges Programm in einer elegant-humoristischen Art der Präsentation, die in keiner Sekunde über- oder unterdosiert war.

Die Gäste aus Buckinghamshire brachten einen Mix aus Jazz, klassischen Stücken und Märschen mit nach Bensheim, der von orchestral arrangierten Brass-Standards über Pop bis zu Filmmelodien reichte. Der Draht zum Publikum glühte von Beginn an, als das rund 30-köpfige Blechbläserensemble die zweite Hälfte des Konzertabends eingeläutet hatte. Bereits beim Opener „Star Lake“ von Eric Ball erlebte das Publikum eine stark differenzierte Dynamik und das virtuos aufspielende Laufwerk quer durch alle Stimmen und Register, mit dem die Formation ein kraftvolles, dichtes und kristallin sauberes Klangbild erzeugt. Nicht zu Unrecht gilt das Ensemble als eine der renommiertesten Brassbands in Südengland.

Die kollektive Wucht und instrumentale Klasse offenbarte sich im ordentlich besuchten Parktheater auch bei einem schönen Beatles-Medley aus acht Titeln der Fab Four. Darunter „From Me To You“, Lucy In The Sky With Diamonds“, „Michelle” und „Something“. Und dass die Band auch solistisch einiges zu bieten hat, erlebte man an diesem Abend gleich in Serie: Kim Speller präsentierte ein warmes Solo zu Erroll Garners Jazz-Standard „Misty“ am Flügelhorn. Speller war bereits beim ersten Besuch der Gruppe in Bensheim im Jahr 1979 dabei. Damals noch als kleiner Junge.

Sein 2019 verstorbener Vater Roger war Chairman der Amersham/Bensheim Society in den späten 1980er und frühen 90er Jahren. Der 16-jährige Trompeter Matthew Horton, Ash Hortons Sohn, hatte ein gefühlvolles Solo bei „Sugar Blues“. Aber auch junge Talente wie Amy Hutchinson (Posaune) und einige weitere Musiker gehören zu den aufstrebenden Akteuren von Concert Brass. Die Zukunft der Band scheint gesichert.

Durch die Realisierung eines Bandroom-Projekts steht den Musikern jetzt noch mehr Spielraum zur Verfügung, wie Paul Fisher erklärte: An der Ecke von Rectory Hill und School Lane entstand ein Probenraum mit vielen Möglichkeiten für die Musiker, die mit dem ausgelassenen „Bare Necessities“ aus Disneys „Dschungelbuch“ und der spanisch angehauchten Filmmelodie „The Mask of Zorro“ von James Horner Richtung Finale marschierte. Als Zugabe erklang ein perfekt arrangiertes Abba-Medley, bevor es auf der Bühne richtig eng wurde.

Gemeinsam mit dem KKMV Fehlheim spielten die Engländer den Schlussakkord des Abends. Neben Paul Fisher („Freude schöner Götterfunken“) dirigierte auch Ralph Dinu-Biringer („Hey Jude“) das riesige britisch-deutsche Ensemble, das im Parktheater ein lang ersehntes Wiedersehen gefeiert hat.

Mit einer gelungenen Mischung aus traditioneller und sinfonischer Blasmusik sowie moderner Unterhaltungsmusik hatten die Fehlheimer den Abend eröffnet. Nach einem Medley aus Filmmelodien aus der Feder von John Williams („Indiana Jones“, „Star Wars“, „Midway“) erklang mit der „Blue Ridge Saga“ eine Komposition von James Swearingen, die die Schönheit und Geschichte des gleichnamigen Gebirges in North Carolina überaus bildhaft beschreibt.

Die Komposition „Two Movements” (Zwei Sätze) von Kees Vlak ist ein musikalisch überaus kontrastreiches Stück, bei dem der erste Satz „Song of Happiness“ in melodiöser Pracht und Helligkeit erscheint und dann mit „Temptation“ einen wirkungsvollen Gegensatz mit schnellen und kraftvollen Passagen folgen lässt. Das Orchester, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum begeht, hat diese innere Dynamik sehr schön bewältigt und die Komposition souverän bis ins dynamische Finale geführt.

Weitere Medleys widmeten sich der Musik von Queen und Songs der 1980er Jahre („Time After Time“, „Thriller“), für ihr solistisches Glanzstück wurde Bianca Ritzert mit lautem Beifall belohnt: Sie sang „Gabriella’s Song“ aus dem schwedischen Drama „As it is in Heaven“ derart gefühlvoll und emotional, aber gleichermaßen erfreulich unprätentiös, dass es eine Freude war.

Bei „Sweet Caroline“ verriet Moderatorin Anja Gruber, dass es sich bei diesem Lied an diesem Abend um eine Hommage an Caroline Perkins handelte, die Bandmanagerin der Gäste aus Amersham.